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Langsamer werden, ausdünnen

Wie können wir Raum für Gebet in unserem Alltag schaffen? Den meisten von uns wird es so gehen, dass das Leben schon seine eigene Dynamik hat, sie kommt von ganz allein. Der Sturzbach des Alltags reißt vieles mit sich, auch unseren Wunsch zu beten.

Auf diesem Hintergrund empfiehlt der neuseeländische Musiker und Autor Strahan Coleman zwei Wege, die sich gegenseitig ergänzen: Langsamer werden und ausdünnen (slowing down and thinning out).

Langsamer werden

Entschleunigung ist schon fast ein Modewort geworden. Coleman meint es – als Hilfe zum Gebet – zunächst aber durchaus wörtlich: Wir können buchstäblich langsamer gehen und Auto fahren. Wir können bei der Fahrt zum Einkauf absichtlich etwas weiter weg von den Geschäften parken, um einen kleinen Fußweg gehen zu „müssen“.

Auch abgesehen von der physischen Bewegung können wir Tempo rausnehmen: Zwischen Terminen und Meetings können wir bewusste Pausen einplanen (und am besten im Kalender blockieren), um fünf Minuten einfach mal da zu sitzen. Und wie wäre es, zu einem Treffen mit voller Absicht zehn Minuten zu früh zu kommen – und dann die Momente auskosten, Momente der Gegenwart Gottes? Oder dieser Vorschlag: Wir können ein echtes Buch lesen, statt eine Audioversion zu hören (mit einem Buch in den Händen kann man nicht mehr so gut multitasken).

Wenn wir das Prinzip erkannt haben, fallen uns vermutlich noch viele weitere Formen der Umsetzung ein.

Ausdünnen

Beim Ausdünnen geht es Coleman nicht uns Langsamer, sondern ums Weniger. Die Beispiele, die er aufzählt, liegen eigentlich auf der Hand: seltener auf Mobilgeräte schauen, weniger Zeit in Sozialen Medien verbringen, mehr Lücken im Kalender lassen. Wohl gemerkt ist das Ziel nicht „nichts“, sondern „nicht mehr so viel“ – und jeder wird da seine eigene Balance finden. Anja Schäfers Beitrag im Gebetsmagazin sela.2025 (Seite 110-112) hat dazu weitere Gedanken.

Von dieser Balance ist das Bibellesen übrigens nicht ausgenommen. Coleman rät nicht zu „weniger Bibel“, aber er gibt zu bedenken: „Es ist leichter, die Heilige Schrift zu studieren, als zu beten. Aber in der Art, wie Gott das Leben geordnet hat, kann uns das Studium allein nicht verändern, ebenso wenig wie das Handeln – die persönliche oder soziale Veränderung – ohne die geistliche Veränderung, die ausschließlich in der Gemeinschaft mit Gott stattfindet.“

Das Drumherum entscheidet

Wenn wir mehr Zeit oder mehr Tiefe im Gebet finden wollen, liegt der Schlüssel also nicht darin, uns nur auf unser „Gebetsleben“ zu konzentrieren. „Viele unserer größten Herausforderungen in unserem geistlichen Leben liegen nicht so sehr darin, was wir in unserem Gebetsleben tun, sondern darin, was wir außerhalb davon tun. Ein Leben im Betrachten (a life of beholding) zu führen, hat also genauso viel mit dem zu tun, was wir nicht tun, wie mit dem, was wir tun. Vielleicht sogar noch mehr.“

(Gefunden in: Strahan Coleman, Beholding. Deepening Our Experience in God, erschienen 2023 bei David C Cook)

Dr. Ulrich Wendel

Redakteur von Faszination Bibel und von sela. Das Gebetsmagazin