sela. DER BLOG

Der Blog des Gebetsmagazins sela. greift Fragen auf, die rund um das Thema Gebet aufkommen.

Bewegt unser Gebet den Arm Gottes?

„Wer betet, bewegt Gottes Arm“ – das ist ein Satz, der immer wieder mal gesagt, geschrieben oder gepredigt wird. Ganz klar, diese Aussicht will Mut machen: Beten bleibt nicht ohne Wirkung. Ich bin mir sicher, dass viele Beterinnen und Beter größere Zuversicht durch diesen Satz bekommen haben.

Zugleich höre ich aber immer wieder auch Rückfragen: Stimmt das denn wirklich? Können wir Gott so unmittelbar zum Handeln bringen? Ist das nicht ein bisschen zu anmaßend? Ich finde, dass solche Rückfragen etwas Richtiges sehen. Es ist keineswegs nur Kleinglaube oder Zweifel, wenn jemand Bedenken gegen den Satz vom Arm Gottes anmeldet.

  • Gott ist größer als wir. Er lässt sich nicht manipulieren.
  • Unser Horizont ist begrenzt. Wenn Gott immer das täte, wozu Beter ihn bewegen, dann würde nicht immer nur Gutes passieren. Wir sind doch darauf angewiesen, dass Gott die Grenzen unserer menschlichen Weisheit überschreitet. Und daher auch immer wieder Gebete nicht erhört. Oder wie Teresa von Ávila sagte: „Es werden mehr Tränen über erhörte Gebete vergossen als über nicht erhörte.“
  •  Es ist wohl ein wenig zu mechanistisch gedacht, wenn wir uns vorstellen, dass wir Gottes Armen direkt bewegen können.

Dennoch hat dieser Satz vom Arm Gottes ja ein richtiges Anliegen. Er hält die Einsicht wach, dass manche Dinge geschehen, weil Menschen um sie gebetet haben. Und dass manches nicht so passiert wäre, wenn nicht dafür gebetet worden wäre. „Ihr habt nicht, weil ihr nicht bittet“, sagt der Jakobusbrief (4,2).

Zwischen Ehrfurcht und Zuversicht

Wie können wir die Ehrfurcht vor Gottes Größe bewahren – und zugleich die Zuversicht benennen, dass Gott immer wieder gern auf unser Beten reagiert?

Ich würde es so formulieren:

„Wer betet, bewegt Gottes Herz.“

Wer betet, bewegt Gottes Herz

Ulrich Wendel

Ich bin davon überzeugt, dass Gottes Herz sich keinem unserer Gebete verschließt. Dass es Gott immer berührt, wenn wir uns aufrichtig an ihn wenden. Dass jedes Gebet in Gott eine Veränderung bewirkt. (So wie auch jeder Liebende verändert wird durch eine liebevolle Geste des Geliebten. Und sei es nur, dass er positiv berührt wird – auch das ist ja eine innere Veränderung.)

Wer betet, bewegt Gottes Herz. Mehr erst mal nicht? Nicht Gottes Arm? Bleibt da nicht zu sehr in der Schwebe, was Gott denn nun konkret tun wird? Was er in Gang setzt? Was sich dann im Hier und Jetzt verändert?

Göttliche Schwebe

Ja, genau: Es bleibt in der Schwebe. Vielleicht ein paar Sekunden lang, vielleicht ein paar Jahre, vielleicht manchmal auch ein Leben lang. Es bleibt in der Schwebe, und diese Schwebe ist der Spannungsbogen des Glaubens. Des Glaubens, der nicht auf das Sichtbare schaut, sondern auf das Unsichtbare. Es ist die Spannung zwischen Hoffnung und Erfüllung. Aus diesem Spannungsbogen können wir nicht herauskommen. Gott ordnet ihn uns zu, er mutet ihn uns zu.  

Aber nicht nur uns. Wenn Gott sein Herz bewegen lässt und noch nicht jedes Mal sofort seinen Arm in Bewegung setzt – dann bleibt die Sache auch in ihm selbst in der Schwebe. Dann fühlt er die Kluft zwischen dem, was seine Kinder als Bedürfnis erleben, und dem, was jetzt passieren kann. Oder was eben erst später passieren kann, aus Gottes Sicht. Die Spannung zwischen Hoffnung und Erfüllung prägt nicht nur unser Leben, Glauben und Beten, sondern sie spielt sich auch in Gottes eigenem Herzen ab. Warum? Weil Gottes Herz eben immer bewegt wird – auch wenn er seinen Arm noch nicht bewegen sollte.

Die Spannung zwischen Hoffnung und Erfüllung spielt sich in Gottes eigenem Herzen ab.

Ulrich Wendel

Ich möchte vorschlagen, dass wir den eingangs zitierten Satz – „Wer betet, bewegt Gottes Arm“ – austauschen durch diesen anderen Satz: „Wer betet, bewegt Gottes Herz.“ Und wie gut, dass wir an vielen, vielen Stellen dann doch auch erleben, dass Gottes Herz seinen Arm in Bewegung setzt, und wir sehen, wie er schon hier und jetzt etwas tut!

Dr. Ulrich Wendel

Redakteur von Faszination Bibel und von sela. Das Gebetsmagazin.

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